Die Spatzen und der Spatzenkrieg

Direkt zum Seiteninhalt

Die Spatzen und der Spatzenkrieg

Verein Beastie Dreams
Veröffentlicht in Vögel · Freitag 01 Dez 2023



Wer kennt oder mag sie nicht: die Spatzen – die geselligen, schwatzenden, tschilpenden, schimpfenden, immer aufgeregten kleinen fiedrigen Gesellen, die meist hordenweise auftreten und beim kleinsten Anschein von Gefahr wie der Blitz das Weite suchen.
Okay, sie sehen nicht so schön aus wie ein Kleiber oder gar Buntspecht oder Stieglitz und sind unscheinbar, braun-grau und selbst die sonst schönen Vogelmänner: auch sie … na ja … unscheinbar.
Aber ihr Wesen erscheint uns Menschen als nett und ihre soziale Komponente und ihr Zusammenhalt ist vorbildlich. Und sie waren und sind meist in unserer Nähe – manchmal ganz nah und frech an Cafeterrassen, wo sie nach unseren Kuchenkrümeln spähen.
Spatzen und wir Menschen – eine jahrhundertelange Geschichte, die allerdings für die kleinen Vögelchen oft gar nicht gut war und Millionen oder Milliarden das Leben kostete. Aber dazu später.

Der Spatz bzw. der Haussperling aus ornithologischer Sicht:
       
    • Gehört zu den Sperlingsvögeln,
    • Größe: 15 cm
    • Aussehen:
       das Männchen:
schwarzer Kehllatz, grauer Scheitel, rostbraunen Nacken, grauer Bürzel und
   das Weibchen:
unscheinbarer: Kopf und Bürzel graubraun, über den Augen ein gelblicher Streif
  • Vorkommen:
überall da, wo Menschen siedeln und durch uns in ferne Länder „exportiert“.
Gesang bzw. Laute: „Tschilp“, „Tschürrp“  und „Tscherr“-Rufe
Gefährungsgrad: nicht gefährdet
Bestandszahl: 4.1 - 6 Millionen Brutpaare
Bestandstrend: stabil (- 19%)

Und nun zu den sog. "Spatzenkriegen":
Hinter der Bezeichnung verbergen sich organisierte staatliche Maßnahmen, Spatzen per Programm zu vernichten - ab 1744 beginnend in Deutschland unter König Friedrich dem Großen bis in die 1950iger Jahre und hier insbesondere in China unter Mao Zedong.
Selbst im letzten Jahrhundert wurden auch in Deutschland noch "Kopfprämien" ausgesetzt.

Folgende Spatzenkriege sind heute dokumentiert:

  • 1744: unter König Friedrich dem Großen
  • 1749: unter Herzog zu Braunschweig-Wolfenbüttel, Karl I.
  • 1759: Westricher Spatzenkrieg (heutige Teile der Pfalz, Saarland, Lothringen, Unterelsass)
  • 1771:  Markgraf Karl Alexander zu Brandenburg-Ansbach und Brandenburg-Bayreuth
  • 1803:  Grumbacher Spatzenkrieg (Rheinland-Pfalz, Landkreis Kusel)
  • 1816 - 1845: Spatzenkrieg in Westfalen
  • 1957 - 1960: China unter Mao Zedong

Viele Milliarden Spatzen wurden im Lauf der Jahrhunderte getötet. Der Grund war durchgehend derselbe: Spatzen wurden als gefräßige Vögel verfolgt, die die Feldfrüchte stark dezimieren würden und sie wurden deshalb als Plage und unnütze Tiere empfunden. Die Anordnung des jeweiligen Landesherrn, Spatzen systematisch zu vernichten, wurde streng geregelt - selbst die täglich getötete Anzahl Spatzen pro Person wurde festgelegt und musste der Obrigkeit gegenüber nachgewiesen werden.
Es ist richtig, dass Spatzen sich von Feldfrüchten ernähren - aber in der Zeit, wenn sie Jungvögel haben, ernähren sie diese ausschließlich durch zahlreiche proteinhaltige Insekten.

In den Jahren nach der großen Spatzenhatz (sie dauerte bis ca. 1783), deren Anordnung anfangs schleppend umgesetzt wurde, da viele Städte die Anordnung als nicht durchführbar bewerteten, stellte man jedoch fest, dass nun schädliche Insekten zu erheblicheren Ernteverlusten führten als die Jahre zuvor, da deren Bekämpfer - die Spatzen - nun nicht mehr ausreichend vorhanden waren. Trotzdem führte man in anderen Regionen noch viele Jahre die Spatzenvernichtung weiter.

Die weitaus größte Vernichtung fand im Reich der Mitte im Rahmen der von Mao Zedong proklamierten Kampagne "Ausrottung der vier Plagen" ab dem Jahr 1957 statt. Sie richtete sich gegen Ratten, Fliegen, Stechmücken und Sperlinge.
Mit Trommeln auf Kochtöpfen und Fahnenschwingen ließ man den Spatzen keine Möglichkeit, sich auszuruhen - und es "regnete" nach Augenzeugenberichten Spatzen vom Himmel.
Die negativen Folgen der Ausrottung von Milliarden Spatzen erkannte man nun auch in China (ab ca. 1960) - und, da es keine Spatzen mehr gab, musste man zur eigenen Schande wieder Spatzen aus dem damals verhassten Russland einführen - und Mao Zedong erfand einen "Ersatzfeind": die Bettwanze bzw. die Kakerlake.

Über das Ausmaß der angeordneten Maßnahmen sowie des Umfangs der Vernichtung siehe das nachfolgende Bildmaterial aus YouToube (nicht unbedingt für labile Gemüter geeignet):

     
Was die 'Spatzenkriege uns lehren:
Wenn Menschen in die über Jahrmillionen gewachsene und eingespielte Symbiose der gesamten Natur einseitig eingreifen und deren Gleichgewicht damit (zer-)stören, zeigen sich ungeahnte Auswirkungen, die wiederum dem Menschen schaden können.

Wenn wir auch nur einen kleinen Teil für den Erhalt der Natur spenden, können wir  beitragen, z. B. eine Renaturierung in Form von "Naturreservaten" zu fördern.

Und in eigener Sache:
  • Die künstlerische Variante des Spatzen finden Sie zum Erwerb auch bei uns: Haussperling
  • Übrigens: durch den Erwerb eines Kunstwerks, eines Kalenders oder auch einer Postkarte tragen Sie persönlich dazu bei, über Ihren Kunstsinn und Ihre Liebe zur Natur diese zu bewahren.

Fritz Isenmann


0
Rezensionen
Copyright 2021 - 2024
Zurück zum Seiteninhalt