Atomkraft: ein fiktives Interview mit einem Politiker

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Atomkraft: ein fiktives Interview mit einem Politiker

Verein Beastie Dreams
Veröffentlicht in Der Kommentar · Freitag 01 Mär 2024
Sehr geehrter Herr Dr. Meierle, Sie sind seit gut 23 Jahren Abgeordneter der Partei „Die gerecht-soziale Mitte (GSM)“ und ebenso lange in überregionalen Ausschüssen der deutschen Energiewirtschaft aktiv. Sie gelten als anerkannter Experte hinsichtlich Energiefragen – egal ob Atomkraft, Kohle, Wasser, Wind oder Sonnenenergie.
In den Jahren als Experte zeigten Sie sich als Befürworter von Atomenergie, später als Gegner und heute wieder als Befürworter. Welche Gründe haben Ihre Einstellung immer wieder geändert?

„Ach wissen Sie, das wurde ich schon öfters gefragt. Ich sage nur: der Mensch – und ein solcher ist ja auch ein Politiker wie ich es bin – unterliegt gesellschaftlichen Entwicklungen und muss diesen Rechnung tragen. Ohne Berücksichtigung dieser wären Politiker zum Scheitern verurteilt. Sehen Sie sich die Grünen an, deren ökologisches Vorhaben aus deren Sicht konsequent ist und die immer nur auf ihrer Ideologie beharren: sie verlieren Wählerstimmen oder stagnieren, weil sie das Volk nicht mitnehmen. Weil sie ihre Überzeugungen im Hauruckverfahren - ja quasi diktatorisch - durchziehen wollen. Und damit die Leute verängstigen und in politisch-extreme Lager drängen.“

Heißt das nun, dass Sie aus politischen Kalkül Ihre Meinung immer wieder ändern, um sich und Ihrer Partei Wählerstimmen zu sichern?

Aber nein! Das ist eine Unterstellung! Sie müssen wissen, dass es sehr unklug wäre, sich an absoluten Meinungen und Überzeugungen zu klammern und an diesen auf ewig festzuhalten: die Welt und die Meinungen ändern sich ... es spielen doch viele Faktoren eine Rolle, die ein g'scheiter Politiker berücksichtigen muss.

Welche wären dies?

Zum Beispiel der Strompreis: er ist heute hoch und ein Blackout wäre der endgültige Todesstoß für unsere ohnehin angeschlagene Wirtschaft. Denken Sie an den damit verbundenen Verlust tausender Arbeitsplätze. Die Industrie stagniert, Deutschland wird als Industriestandort unattraktiv und der Bürger schafft das alles nicht mehr angesichts der steigenden Lebenshaltungskosten. Dann soll er auch noch weg von fossilen Brennstoffen und teuer in neue Heizungstechnologie investieren! Denken Sie an die Rentner! Oder an den steigenden Armutspegel, den unsere Partei „Die gerecht-soziale Mitte“ nicht zu verantworten hat. Mit uns wäre das nicht passiert!

Herr Dr. Meierle, hierzu ergänzend ein Zitat des Pressesprechers der Bundesverbands der deutschen Energie- und Wasserwirtschaft BDEW, Herrn Ulland:
"Wir haben nie vor einer Stromlücke gewarnt". Das Netz sei sicher, ein Blackout stehe nicht bevor. Motivation zu dieser Aussage waren die Energieplanungen des Bundes bis 2030.
Es gibt zahlreiche Studien zur Wirtschaftlichkeit der Atomenergie und ebenso gleichlautende der Energiewirtschaft, die nachweisbar feststellen, dass Atomenergie für den Bürger zu teuer wäre, wenn diese vom Staat nicht subventioniert werden würde und ohne Subention ca. 42 Cent pro KW kosten würde.

Ich kenne selbstverständlich die Studienlage. Sehen Sie, dass ist die Sicht derer, die das Heute außer Acht lassen: heute kostet dem Stromerzeuger die Kilowattstunde 4 – 6 Cent. Damit kann die grüne Ideologie mit deren Fokus auf Wind und Sonne nicht mithalten.

Die günstigen Preise, die Sie anführen, beruhen doch darauf, dass die Atomkraftwerke heute abgeschrieben sind. Aber bis zur Abschreibung hat der Staat bis zu 20 Milliarden Euro pro AKW investiert und die Energiewirtschaft subventioniert. Letztlich hat der Staat der Energiewirtschaft einen großen Teil der Baukosten geschenkt. Und selbst jetzt - in der Phase der Abschreibung - hält die Energiewirtschaft den Kilowattstunden-Preis um ein Vielfaches höher.

Muss sie ja! Sie müssen Rücklagen bilden und den Betrieb aufrechterhalten, Arbeitsplätze sichern und selbstverständlich als gewinnorientiertes Unternehmen ein Plus machen.

Rücklagen, die die Energiewirtschaft in die horrenden Entsorgungskosten der ausgedienten Brennstäbe investieren könnte – insgesamt sind das derzeit 10.000 Tonnen. Hierfür müssen Endlager gesucht werden, die keiner haben will und riesige Deponien bis zu 300 Meter unter der Erde geschaffen werden – wiederum mit enormen Kosten in Höhe von Milliarden Euro.

Das ist vertraglich vereinbart, dass die Entsorgung der Staat übernimmt.

Die Energiewirtschaft kaufte sich für 24,1 Milliarden von allen ihren Entsorgungsverpflichtungen frei. Ein Big Deal! Der Staat hat also die Atomkraftwerke in großen Teilen subventioniert, befreit die Energiewirtschaft von weiteren Verpflichtungen und trägt nun selbst die völlig unkalkulierbaren Entsorgungskosten, die weit höher sein werden als veranschlagt.

Aus marktwirtschaftlicher Sicht vollkommen in Ordnung: der Staat unterstützt die Wirtschaft, diese schafft dadurch Arbeitsplätze, die finanziell wiederum dem Staat über die Einkommenssteuer zugutekommen. Also eine Art “Hand-Shaking“: jeder nutzt dem Anderen und Beide profitieren.

Auf Kosten der Steuerzahler und damit des gesamten Haushaltsetats über viele Jahre hinweg und der Steuerzahler müsste  - wenn es nach den Aussagen Ihrer Partei geht - weiterhin Atomkraftwerke finanzieren und überteuerten Strom beziehen.
Anderes Thema: wie bewerten Sie als verantwortungsvoller Politiker unter dem Aspekt Ökologie den Einsatz von AKW?

Atomstrom ist die sauberste und umweltverträglichste Energiequelle.

Bis auf mögliche Störfalle oder GAU – z. B. in Tschechien, Frankreich, Fukushima, Tschernobyl, Harrisburg usw.

Aber nein! Deutsche Kernkraftwerke haben die höchsten Sicherheitsstandards der Welt. Ein größerer Störfall ist ausgeschlossen ... wenn einmal Ventile nicht mehr so dicht sind: das Problem haben Sie doch auch als Hausbesitzer immer mal ... das ist Abnutzung ...

… und bis auf den Faktor des menschlichen Versagens, oder?

… das durch Mehrfachsicherheitssysteme und -kontrollen menschlicher Maßnahmen nahezu ausgeschlossen ist ...

… nahezu …

Es gibt niemals absolute technisch-physikalische Sicherheit – dies ist eine Binsenweisheit.

Maßgeblich für eine Bewertung ist doch die des Risikos und wenn man auf Tschernobyl oder Fukushima blickt: verheerend für die Bevölkerung, die z. B. Tausende von Jahren ihre Wohnorte nicht mehr nutzen kann oder die genetischen Auswirkungen, die bereits „geringe“ Mengen an Radioaktivität mit sich bringen. Ebenso bieten die Standorte der Kernkraftwerke selbst möglichen gegnerischen Langstreckenraketen ein "willkommenes" Ziel – sie werden taktisch ja erste Ziele mit konventionellen Waffen sein, ohne selbst einen Atomkrieg zu beginnen. Dies würde eine atomare Katastrophe bei uns und in Europa auslösen. Und sog. „Kollateralschäden“ würden in Kauf genommen.

Nach Ihrer eindimensionalen Bewertung müssten wir vieles verbieten, weil Risiken damit verbunden sind ... und was hätte ein möglicher Gegner davon, sein zu eroberndes Gebiet zu verwüsten!? Im Übrigen bin ich gegen Ihre bekannte einseitige Darstellung, die in eine bestimmte politische Richtung geht, die ich und unsere Partei nicht mittragen kann und will.

Aber das höchste Risiko ist mit Atomkraft verbunden, wenn man die verheerenden Langzeitauswirkungen für Zeiträume von Jahrmillionen betrachtet, die immense wirtschaftliche Schäden auslösen sowie die Erblast für künftige Generationen angesichts Tausender Tonnen ausgedienter Brennstäbe haben, für die man noch immer keine „Endlagerstätte“ gefunden hat. Kein Bundesland will die Entsorgung bei sich haben. Wir werden in die Menschheitsgeschichte als allzu technikgläubiges und verantwortungsloses Atomzeitalter eingehen - falls eine spätere Bewertung und Einordnung überhaupt noch möglich sein sollte.

Dies ist reine Schwarz-Weiß Malerei, die unrealistische Horrorszenarien darstellt und die Bevölkerung in dieser Zeit noch weiter ängstigt und verunsichert. Die Bevölkerung will Ruhe und ihren Wohlstand behalten! Sie reihen sich im Übrigen in die Aussagen grüner Politik ein, die alles nur diktieren und vorschreiben will und das Leben für uns alle schwerer macht, als es ist, aber künftig mit uns und unserer gerecht-sozialen Partei nicht sein wird!
Wir werden die bereits abgeschalteten Kernkraftwerke in Deutschland wieder hochfahren, weil Atomkraft die effizienteste, sicherste und umweltverträglichste Energieform ist  und dem Bürger eine Sorge mehr abnimmt ... meine Meinung als promovierter Physiker ...

... und Politiker.

Herr Dr. Meierle, das heißt also finanziell für den Steuerzahler: „Koste, was es wolle“ und ökologisch: „Augen zu und durch“!
Wir bedanken uns für das Gespräch.

Anmerkung der Redaktion:
Herr Dr. Meierle teilte uns im Anschluss an das Interview mit, dass er künftig nicht mehr für ein Interview bereitstehe.

F. Isenmann
                                                                 


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